Gestern machten wir uns auf den Weg ins Tate, um die temporäre Ausstellung von Susan Hiller zu sehen. Ich hatte ehrlich gesagt noch nicht viel von ihr gehört, sodass ich ziemlich unvoreingenommen in die Ausstellung ging. Du hattest mir bereits ein paar Sachen über sie erzählt, sie studierte wohl erfolgreich Antropologie und bereiste den ganzen Globus, bevor sie sich mit 30 entschied Künstlerin zu werden.
She felt art was “above all, irrational, mysterious, numinous … [she] decided [she] would become not an anthropologist but an artist: [she] would relinquish factuality for fantasy”.
Wie sich herausstellen sollte, war genau das die richtige Entscheidung, denn jedes ihrer Werke besitzt trotz der ominösen und teilweise fragwürdigen Thematiken immer ein unglaublich großes fachwissenschaftliches Fundament. So scheint es, dass Hiller immer genau weiß, was tut und damit bezwecken will. Die promovierte Antropologin befasst sich immer wieder mit dem Übernatürlichen und Übersinnlichen, so zum Beispiel in "Witness", einer atemberaubenden Installation, die all unsere Sinne schärft und den Besucher gleichzeitig 2000 Ufobegegnungen von überall auf der Welt ans Ohr führt. In "Psi Girls" thematisiert sie Menschen mit telekinetischen Fähigkeiten und in "An Entertainment" geht sie auf eindrucksvolle Weise den Urvorstellungen des Menschen von Gut und Böse mit Hilfe eines dramatischen Puppenspiels auf den Grund. Doch niemals wird man in ihren Werken, die stark medienübergreifend sind, Antworten auf die Frage nach dem Übersinnlichen finden, lediglich Anregungen eben diese urmenschliche Spiritualität nicht gänzlich zu verleugnen. Als Antropologin geht Hiller in dem Film "The last silent movie"zum Beispiel ausgestorbenen oder gefährdeten Sprachen sprachen auf den Grund, indem sie bereits verschwunden Sprachen durch das Sprechen alter zusammenhangsloser Wortfetzen wieder zum Leben erweckt, deren Übersetzung heute nicht mehr möglich ist. (Gänsehaut!) Sie macht somit auch wissenschaftliche Themen auf anspruchsvoll ästhetische Art und Weise sichtbar.
Weiterhin bezieht sie sich in vielen ihrer Werke auch auf andere Künstler. Wären da zum Beispiel Yves Klein, Marcel Duchamp oder Marcel Broodthaers und nicht zuletzt auch der Schamane Joseph Beuys, dem sie ein Schränkchen voll mit Heilwassern aus der ganzen Welt widmet. Eine wahnsinnig gut kuratierte Ausstellung, deren Besuch sich erst wirklich lohnt, wenn man sich auch die Zeit nimmt, das Gesehene als Anstoß zum Weiterdenken zu benutzen.
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