
Es erscheint mir so, dass sich ab einem bestimmten Alter ein immer wieder gleiches Kennenlern-Beziehungs-Muster abzeichnet: Man lernt jemanden kennen, eigentlich ganz egal wo, und fü�r einen sich ganz zufällig ergebenden Moment ist alles perfekt: Das Licht, seine Augen, der Moment, die Musik, der Ort, der Kuss oder auch mehr. Sofort erspinnt unser emotionssü�chtiges Hirn: die Situation ist magisch, special, einzigartig, vollkommen und unwiederholbar. Man fü�hlt die Utopie einer echten Liebe f�ür einen Mikro-Moment des spontanen Verliebtseinsgef�ühls, das man so lange vermisst hat. Die dumme und naive Möglichkeit, dass es wieder genau jetzt und mit dieser Person funktionieren könnte. Die Potenz des möglichen Gl�ückes zeigt sich in den Augen des Gegen�über. (Ich kotze fast während ich das hier schreibe, weil ich mich selbst f�ür diese Unkontolliertheit dieses Gefü�hls verachte)
Ganz banal tauscht man zunächst Nummern, will sich wiedersehen, ist dann beim ersten Treffen tatsächlich auch leicht aufgeregt. Man sieht sich und trifft sich immer wieder, kommt sich st�ückchenhaft näher und doch nicht wirklich nah.
Denn man nimmt sich zunächst vor alles locker anzugehen. Baut die kleine bekannte Mauer um sich auf, die nicht allzu viel blicken lässt. Lässt die SMS mehrer Tage im Eingang und weigert sich bis auf weiteres seine Nummer einzuspeichern. Es ist die Taktik des sich langsam kontrolliertem Kennenlernens, weil die Fullspeed-Emotion-Overload-Variante bisher immer zum ebenso Full-Speed-Scheitern verurteilt war.
Und dennoch, so erfahre ich aus Gesprächen, suggeriert man ab Mitte 20 von vornherein dem potenziellen Lebensabschnittsgefährten seine Ernsthaftigkeit, die eigene Nullbockposition zu rein sexuellen Triebaffairen ohne Intellektstimulation, auch Kinder werden gegen Ende 30 manchmal angesprochen und nicht mehr komplett aus Gesprächen ausgeschlossen.
Trotz all diesen guten Vorsätzen und durchdachten Strategien, wie man denn jetzt alles richtig macht, entdeckt man schon nach den ersten gemeinsamen 48 Stunden, die ersten Fehler in der Matrix, der selbstproduzierte Traum löst sich ganz langsam in grausame Realitäten auf, das Pink verpufft zu ätzendem Schweinchenrosa - vielleicht ein falscher Akzent, zu wenig Körperbehaarung, sexuelle Professionalität, die einen ständig auf die Anzahl der bisherigen Geschlechtspartner spekulieren lässt, komische Gesichtsentgleisungen, seltsame Wohnungseinrichtungen usw. Man kommt zu der seltsamen Erkenntnis: "So, eigentlich bist du gar nicht mein Typ." Und weiter sucht man krampfhaft nach Dingen, die das untermauern und die einfach nicht gehen. Man kann dieses kritisieren einfach nicht unterbinden auch wenn man es will und weiß, welche Folgen das erfahrungsgemäß nach sich zieht. Das erste Abtasten wird zum brutalen ab und auschecken des Anderen.
Wie gesagt, man nahm sich anfangs vor alles gelassen anzugehen und stellt plötzlich fest, dass man sich die Situation mit seiner Verkopftheit schon wieder selbst verbaut hat, die Chance verspielt, jemanden wirklich an sich heranzulassen und kennenzulernen, eben mit all seinen Eigenheiten.
Die kurze Euphorie, die der ähnelte, die man mit 15 verspüh�rte, schon nach wenigen Tagen obsolet und die Tatsache dieser mit Lichtgeschwindigkeit einsetztenden transrapiden Ern�üchterung bringt einen immer wieder zur Verzweiflung.
Warum kann man sich nicht einfach wieder so volle Kanne verlieben und fallenlassen? Dem anderen viele unendlich kitschige Sehnsuchts-Mails uns SMS schreiben, s�üchtig nacheinander soviel Zeit wie möglich miteinander verbringen, ja und vor allem knutschen bis einem die Lippen brennen?
Na, ganz einfach, weil man es selbst nicht will, dass das Gegen�über einem sofort die Welt sofort zu F�üßen legt. Es w�ürde einen ebenso synchron zuviel werden, mit der bedingungslosen Aufopferung und Abhängigkeit eines Menschen konfrontiert zu werden. Der kann doch dann nicht ganz sauber sein, denke ich und distanziere mich sofort.

Wir alle haben jetzt mit Mitte-Ende 20 unser eigenes Leben, das Studium abgeschlossen, bestenfalls einen coolen Job, haben uns unsere Selbständigkeit und unser Selbstbewusstsein nach emotionalen Tiefschlägen hart zurü�ckerkämpft, und doch nicht um es dem nächst besten Partner wieder zum Fraß vorzuwerfen und ihm dabei einen guten Appetit zu wünschen. NEIN, das gilt es zu verhindern. Und so behindern wir uns selbst auf der fucking never ending Suche nach einer neuen Beziehung, die dem jugendlichen Big Bang ähnelt.
Viele von uns sind ern�üchtert, abgeklärt, desillusioniert, eben durch eine erfahrene Abhängigkeit mal so richtig auf die Schnauze gefallen. Wir alle haben jetzt Schiss vor der Wiederholung. Eine Scheiß Angst vor dem freien Fall in das Beziehungsfass ohne Boden.

Wie kann man diesen Punkt, der meist schnell eingetretenen Desillusionierung gegen�ber dem zu schnell kritisierten potentiellen Partner �überwinden? Sich vielleicht doch noch näher kennenlernen, ohne die ganze Zeit die Fehler des anderen zu fokussieren? Der romantischen Utopie großen Liebe die ersehnte zweite Chance geben?
Ich will, ich will, ich will.
Denn eigentlich bist du intelligent, siehst gut aus, bist humorvoll und nicht unterw�ürfig. Vielleicht passt du gerade nicht in das Schema, der letzten kurzweiligen Affairen. Vielleicht ist genau der Nicht-Typ, mein Typ, damit es endlich mal wieder funktioniert.
Und doch bleibt die Möglichkeit, dass du einfach nicht der Richtige bist und die Sehnsucht nach dem vergangenen Big-Bang erobert sich ihre Poleposition in meinem Hirnwindungen einer verweifelten Sechsundzwanzigjährigen wieder zur�ück...
Ich sehs dennoch mit Humor und tanze einfach weiter...
Aus jedem IST wird irgendwann ein WAR. Also verpass es nicht - Just Do It!
AntwortenLöschenWofür leben wir sonst....
d'accord!
AntwortenLöscheno weh, du armes mädchen...es gibt menschen die haben echte probleme...
AntwortenLöschenZum Beispiel die Russen, deren Häuser gerade abbrennen, die Menschen in Pakistan, die wegen den Überschwemmungen kein Dach mehr über dem Kopf haben, die Kinder in Afrika, die nichts zu essen haben, die Fischer, die wegen dem kaputten Bohrloch pleite gehen, die HIV infizierten in Asien, die Hartz IV Familie von nebenan, die nicht über die Runden kommt....und und und....
AntwortenLöschenDennoch sind unsere scheinbar unbedeutenden Egoprobleme für uns echte Probleme, auch wenn sie nicht existenzieller Natur sind.
Das ist paradox, aber Tatsache. Darüber zu schreiben ist meiner Authentizität geschuldet und dieser kranken westlichen Gesellschaft in der wir leben und doch manchmal glücklich sind. Ebenso paradox.
Ich bin ein wirklich armes Mädchen, das sich selbst dennoch nicht leid tut, dem Paradoxon seiner selbst geschuldet.
word...
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